Da dachte ich immer: Wir Schweizer sind grosszügig. Klar, wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Und weil wir es uns leisten können, zivilisiert sind und Solidarität, sogar Nächstenliebe kennen, müssten wir in Sachen Spenden doch Spitzenreiter sein. Meinte ich. Bis ich diese Tage eine aktuelle Statistik zu Gesicht bekam. Wir sind nicht einmal in den Top Ten, was das Spenden pro Kopf der Bevölkerung angeht.
Eine umfassende Studie der Charities Aid Foundation brachte einige Überraschungen. Die US-Amerikaner führen die Liste von spenden, helfen und ehrenamtlich engagieren zwar klar an. Erstaunlich auf Platz zwei erscheint aber Myanmar. Selbst Sri Lanka (9) und Indonesien (10) haben es unter die ersten 10 geschafft. Die Schweiz und Deutschland knapp unter die besten 20. Wir könnten nun natürlich das Wort von Winston Churchill, 1874-1965, bemühen, der sagte: «Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast».
Klar, wir Schweizer sind in vielem Spitze. Nun haben wir den Weltrekord in Sachen längstem Zug. Die eindrücklichen Bilder der Rhätischen Bahn sind um die ganze Welt gegangen. Wir hatten lange Zeit den besten Tennisspieler. Unzählige Viertausender stehen auf unserm Boden. Dazu gehören wir in Sachen Bildung, Vermögen und Skifahren zu den Besten. Aber nicht beim Spenden, Helfen und ehrenamtlichem Arbeiten.
Ich möchte die gut 2 Milliarden Franken nicht kleinreden, die wir Schweizer spenden. Gerade bei Unwetterkatastrophen, Kriegen und Flüchtlingsdramen zücken wir schon unsern Geldbeutel. Und das ist auch gut so. Allerdings sind derzeit unzählige Katastrophen im Gange. Krieg, Hunger, Flüchtlinge, Klima, Teuerung, Energieknappheit: Ich weiss kaum noch, wo ich mich engagieren soll.
Als die Hugenotten im 16. und 17. Jahrhundert zu Hunderttausenden wegen ihrem Glauben aus Frankreich flüchteten, wurde die Schweiz richtiggehend überschwemmt von diesen Flüchtlingen. Es gab keine Bundesasylzentren. Die Städte waren auf sich gestellt. Aus der Chronik der Stadt Schaffhausen entnahm ich folgende «einfache» Lösung: Die 5’000 Einwohner nahmen 9000 Flüchtlinge auf. Jeder Einwohner musste einfach zwei mit nach Hause nehmen, wo sie selbstverständlich mitarbeiteten und schnell integriert waren.
Vielleicht haben wir dieses radikale Helfen verlernt. Lassen Notleidenden nur etwas von unserm Überfluss zukommen. «Brosamen, die vom Tisch der Reichen fallen», hat Jesus dazu gesagt.
Der weise Salomo gibt uns den Tipp: «Wenn jemand deine Unterstützung braucht und du ihm helfen kannst, dann weigere dich nicht. Vertröste ihn nicht auf morgen, wenn du heute helfen kannst» (Sprüche 3,27-28).
Und dann weist Salomo noch auf die Tatsache hin: «Wer andern Gutes tut, dem geht es selber gut; wer andern hilft, dem wird geholfen» (Sprüche 11,25).